Sine Cerere et Baccho friget Venus

Peter Paul Rubens

zeitgenossische-kunst.org
Stichwörter des Werks: SineCerereBacchofrigetVenus

Kurze Vorstellung des Werks

Sine Cerere et Baccho friget Venus
Peter Paul Rubens
1614
79 x 52 cm


Sine Cerere et Baccho friget Venus (Lat.: Ohne Ceres und Bacchus friert Venus) ist ein Terenz-Zitat, das in der frühen Neuzeit als Sprichwort und Bildmotiv weit verbreitet war.


Der Satz geht zurück auf die Liebeskomödie Eunuchus des Terenz, wo Chremes in der fünften Szene des vierten Akts (732) zu Pythias sagt: verbum hercle hoc verum erit "sine Cerere et Libero friget Venus" (das Wort ist tatsächlich [=beim Hercules] wahr: Ohne Ceres und Liber friert Venus). Es war also offenbar schon als Sprichwort bekannt. Chremes benutzt es, um zu erklären, warum ihm im erheiterten Zustande, nach einem ausgiebigen Mahl, Pythias mit einmal viel schöner erscheint als sonst. Liber, der Sohn der Ceres und Gott der männlichen Befruchtung (und sekundär des Weins), ist später durch Bacchus ersetzt worden. In ähnlicher Form findet sich das Sprichwort auch bei Cicero[1], der es zudem als Muster für das Stilmittel der Metonymie zitiert.[2] Es ist später durchgängig Terenz zugeschrieben worden.


Zunächst ist das Bildmotiv eng mit dem Text verbunden und findet sich vor allem in Emblembüchern wie dem Mikrokosmos von 1579. Der Text macht dabei klar, dass das ganze als eine Warnung vor den Gefahren übermäßigen Schlemmens und Weingenusses als Stimulanzen sexueller Begierde zu lesen ist:


Sag, kythereische Venus mitsamt Cupido: Warum
wärmst du dir selbst die Füße, wärmst dir die Hände?
Etwa, weil dir der wortgewandte Iakchos nicht beisteht?
Die staubige Ceres ist auch nicht da?
Wo Nüchternheit herrscht, da friert die schädliche Lust
und fängt keine Kriege gegen die Curier[9] an.
Wo immer die mächtige Trunkenheit und Überfluss herrscht,
da beginnt die Mutter des Ehebruchs ruchlose Kriege.


Das Bildmotiv wurde im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert vor allem in den Niederlanden sowie im Kreis der dem Manierismus zugewandten Künstler am Hofe Rudolfs II. in Prag sehr beliebt.


Eine frühe Fassung als eigenständiges Gemälde ist Hans von Aachens Bacchus, Ceres und Armor, das er 1598 für Rudolf II. malte. Ebenfalls in Rudolfs Sammlung befand sich früher ein monumentales Penwercken (Bleistiftwerk), 105×80 cm, von Hendrik Goltzius, das heute im Philadelphia Museum of Art gezeigt wird.[10] Eine Variante ist in der Eremitage zu sehen. Sind vor allem bei Goltzius noch die gefährlichen Untertöne und der moralische Zweck der Allegorie zu spüren, so wird das Thema später weitaus weniger moralisch und eher unterhaltend umgesetzt.


Peter Paul Rubens variierte das Thema mehrfach: So gibt es die Fassung der sichtlich frierenden Venus frigida, eine mit Amor, der verzweifelt versucht, ein wärmendes Feuer zu machen, und eine mit Venus im Moment maßvollen Erwärmens und ruhigen Erwachens, in dem sie die Weinschale aus der Hand des kultivierten Gottes nur zögernd entgegennimmt.[11] In nach-barocker Zeit spielte das Thema offensichtlich keine Rolle mehr.